Rasierpinsel - die richtige Anwendung und Pflege

Rasierpinsel - die richtige Anwendung und Pflege

Einarbeitung eines neuen Naturhaarpinsels

Die Naturhaare bilden an den Haarspitzen nach einiger Zeit der Benutzung feine Verästelungen, die sog. "Federn". Im Gegensatz zum "Spliss" bei Menschenhaar ist hier der Effekt willkommen, denn das Haar wird noch weicher und der erzeugte Schaum noch feiner. Keinesfalls sollte diese Einarbeitung mechanisch beschleunigt werden, etwa durch Reiben der Haarspitzen auf Sandpapier o.ä.! Lassen Sie dem Pinsel 2-3 Wochen Zeit, um sich langsam und natürlich zu entwickeln; erst dann ist er wirklich in seinem Charakter zu beurteilen.

Dachse und Schweine haben einen natürlichen Fellgeruch. Auch wenn die Haare vor der Pinselherstellung gründlich gereinigt werden, haftet ihnen evtl. noch ein leichter "Tiergeruch" an. Dies gibt sich durch die Benutzung, besonders durch die Verwendung bedufteter Rasierseife bzw. -creme recht schnell. Auch hier sollte von einer Beschleunigung abgesehen werden, der Vorgang erfolgt ganz natürlich.

 

Allgemeine Hinweise zur Benutzung

Zum "Schaumschlagen" aus Rasiercreme (weich, aus Tube oder Tiegel) oder Rasierseife (zähe bis harte Seifenstücke) feuchten Sie den Pinsel gründlich an (am besten durch Eintauchen fast des gesamten Pinselkopfes in einen wassergefüllten Behälter oder durch Drehen des Kopfes unter fließend Wasser). Nur so werden die Haare weich und flexibel -- Haare, die nicht durchfeuchtet sind, ziehen unkontrolliert Wasser aus dem Schaum und sind auch teilweise spröde, so dass sie Schaden nehmen können! Das Befeuchten geht bei einem Dachs sehr schnell, ein dicht gepackter Kopf aus Sauborste kann aber bis zu 5 Minuten "Wässern" benötigen! Anschließendes schleudern Sie den Pinsel wieder "trocken" (die Haare sind jetzt mit Wasser vollgesogen!) und nehmen dann für das Aufschäumen nur noch mit den Haarspitzen kontrolliert Wasser und Seife/Creme auf. So erhalten Sie immer einen reproduzierbaren Ausgangszustand. Verwenden Sie sehr warmes (im Gesicht erträgliches), nicht jedoch zu heißes Wasser. Dies schont nicht nur den Pinsel, es erzeugt auch feuchteren Schaum; zu heißes Wasser lässt den Schaum schnell trocknen und zusammenfallen.

Vom gelegentlich empfohlenen "Dauerwässern" von Naturhaarpinseln, gemeint ist ein deutlich längeres Einweichen der Haare als oben angegeben oder sehr lange Pflege-/Reinigungsbäder, raten wir ab! Bei einem gut gepflegten und gelegentlich von zu viel Fettrückständen gereinigten Pinsel ist dies nicht nur unnötig, es kann auch den Knoten und sogar den Pinselgriff beschädigen. Das tief in den Knoten dringende Wasser lässt diesen aufquellen und der entstehende Druck kann Risse in Griff und/oder Lackierung hervorrufen.

Geben Sie etwas Rasiercreme (je nach Ergiebigkeit eine erbsen- bis haselnussgroße Menge) auf die Haarspitzen bzw. nehmen Sie durch streichende oder vorsichtig kreisende Bewegung mit den Haarspitzen Rasierseife auf (harte Seife ggf. vorher anweichen, indem Sie sie einige Sekunden bis wenige Minuten mit heißem Wasser übergossen quellen lassen, dieses heiße Wasser vor dem Pinseleinsatz abgießen!). Durch vorsichtiges Streichen oder Kreisen der seifigen Pinselspitze in einem Tiegel oder direkt im (warm-feuchten!) Bart erzeugen Sie nun Schaum.

Eine zu flüssige Konsistenz (Schaum verläuft) oder zu trockenen, festen Schaum korrigieren Sie durch Aufnahme zusätzlicher Seife bzw. Creme oder durch Eintauchen der seifigen Pinselspitze in das warme Wasser mit anschließendem Vermischen im Tiegel oder Bart. Am besten ist es, mit einem eher zu trockenen Pinsel zu beginnen, da die Aufnahme von mehr Wasser einfacher und vor allem billiger als eine unnötig große zusätzliche Aufnahme von Seife/Creme ist.

Ist der Schaum fertig und das Barthaar damit eingepinselt und schön weich geworden, beginnt die Rasur. Für manche Seifen reicht schon die Zeit des Einpinselns für ausreichende Barterweichung, manchmal muss man auch noch eine Minute weiter einwirken lassen. Der Schaum soll die ganze Zeit warm, feucht und cremig bleiben, die gelingt durch gelegentliches vorsichtiges Nachführen von warmem Wasser in den Pinsel und weiteres Kreisen -- mit ein wenig Übung gelingt Ihnen das sicher bald für jede Seife/Creme.

Sowohl beim Aufschäumen als auch beim Ausspülen ist eine übermäßige mechanische Beanspruchung der Haare zu vermeiden. Ein harter Wasserstrahl in die Knotenmitte (womöglich noch brühend heiß), Starkes Aufdrücken (Stampfen), das seitliche Umdrücken, Umbiegen oder gar Knicken der Haare, das Kreisen auf rauhen Oberflächen wie unglasiertem porösem Ton oder das unnatürlich schnelle Einarbeiten o.ä. können die Haarspitzen oder den gesamten Knoten schädigen.

Pinsel mit Holzgriffen sollten nicht mit dem Griff gegen den Tiegel geschlagen werden, dies kann die Lackierung beschädigen und bis zum Abplatzen von Farbschuppen führen. Es kommt nicht auf Kraft oder harte Bewegungen an, sondern auf gefühlvolle Arbeit mit der Pinselspitze.

 

Spülen, Trocknung und Aufbewahrung

Wie das menschliche Barthaar werden auch die tierischen Haare des Rasierpinsels durch den Rasierschaum aufgeweicht. Um auf Dauer eine Beschädigung zu vermeiden, ist es notwendig, Pinsel aus Naturhaar nach der Benutzung immer gut auszuspülen. Ständig im Haar oder tief im Knoten verbleibende Seife schädigt auf Dauer das Pinselhaar.

Spülen Sie den Schaum nach der Rasur durch seitlich auftreffendes, lauwarmes Wasser gründlich aus, auch ein Eintauchen in sauberes Wasser für die letzten Reste ist möglich. Nach dem Ausspülen den Pinsel nicht ausdrücken oder gar mit einem Trockentuch pressen, sondern zunächst vorsichtig (solange der Pinsel tropfnass und schwer ist!), dann fester ausschleudern, am besten in eine Duschkabine hinein oder in die Badewanne. Das letzte kräftige Schleudern kann auch in Richtung eines großen Handtuches erfolgen.

Die Reinigung ist -- neben dem Verzicht auf mechanische "Misshandlung" -- der größte Einflussfaktor auf die Lebensdauer des Pinsels. Was oft missverstanden wird: je teurer ein Rasierpinsel ist, um so mehr Aufmerksamkeit braucht er tendenziell bei der Reinigung! Ein teurer Pinsel wird für die bessere Wirkung und das luxuriösere Hautgefühl dichter und damit fester gepackt sein als ein billiges Exemplar, daher ist er weniger leicht auszuspülen. Und spült man die Seife nicht gründlich aus, kommt es irgendwann zu Haarbruch, der Pinsel beginnt Haare zu verlieren -- siehe unten bei "Schäden und verlorene Haare"!

Zum Trocknen sollte der Pinsel mit den Haaren nach unten in einen Rasierpinselständer gehängt werden. Zumindest war dies jahrzehntelang die Schulmeinung. Durch die hängende Trocknung sammelt sich kein Wasser im Knotenboden, der ohnehin am langsamsten trocknet. Wird allerdings der Pinsel gründlich ausgeschleudert, dann "lauft" nichts mehr. Neuere Versuche haben ergeben, dass ein aufrecht stehender Pinsel in der Tendenz sogar etwas schneller trocknen kann als ein hängender. Wenn man den Pinsel in einen Ständer hängt, sollte eine Pinselaufnahme, die die Haare berührt, wegen der Feuchtigkeit aus (nichtrostendem) Metall oder Kunststoff sein; Holz ist nur geeignet, wenn es nur am trockenen Griff und nicht an den Haaren anliegt. Ganz wichtig: zum Trocknen muss der Ausbewahrungsort gut belüftet sein (also kein geschlossener Schrank). Schnelle Trocknung auf der heißen Heizung, mit einem Fön o.ä. ist nicht ratsam, dies schädigt auf Dauer die Haare.

Spätestens nach der vollständigen Trocknung können Pinsel problemlos auf dem Griff stehend aufbewahrt werden, wenn man dies ästhetischer findet oder (z.B. als Sammler) mehr Pinsel als Ständer hat. Reisepinsel (zweiteilige Modelle, bei denen die Haare zum Transport in einer Griffhülse verschwinden), die vor dem Zusammenbau zur Heimfahrt nicht vollständig getrocknet sind, sollten so schnell wie möglich nach der Ankunft zuhause noch einmal gründlich gespült und dann vollständig getrocknet werden, bevor man sie für den nächsten Einsatz geschlossen lagert. Für die Trocknung eines Naturhaarpinsels rechnet man über den Daumen mit etwa 2 Tagen Trockenzeit, im Badschrank sogar einen ganzen Tag länger! Demgegenüber ist ein gut ausgeschleuderter und luftig ausgeschleuderter Synthetikpinsel oft schon nach dem Frühstück bereit für den Koffer.

Offen aufbewahrte Rasierpinsel sollten möglichst in einem Raum mit normaler Luftfeuchte gelagert werden (also nicht unbedingt in einem Badezimmer, das bei jedem Duschen in eine Dampfsauna verwandelt wird, aber auch nicht im knochentrockenen Heizungskeller) und nicht in der prallen Sonne stehen, dies kann auf Dauer Haar und Griffe verfärben oder gar schädigen.

Naturhaare sollen immer eine geringe Menge an Fett enthalten, damit sie nicht spröde werden. Es kann aber auch zu viel werden: auch bei gutem Ausspülen kann an den Haaren immer mehr unverseiftes Fett aus Rasierseife/-creme anhaften und nach und nach die Aufschäumwirkung reduzieren. Das merkt man daran, dass der Pinsel immer mehr wie "imprägniert" wirkt und Wasser regelrecht von den Haaren abperlt. So weit sollten Sie es nicht kommen lassen -- nehmen Sie gelegentlich (alle paar Wochen) mit dem warm-feuchten Pinsel etwas fettfreie Kern- oder Gallseife genau wie Rasierseife auf und schäumen dann kräftig, am einfachsten in der Handfläche, danach spülen Sie sehr gründlich. Bei Naturhaarpinseln sind die Haare nun stark entfettet, daher empfiehlt es sich, diese Behandlung direkt vor einer Rasur durchzuführen, damit durch die Verwendung des Pinsels mit der normalerweise genutzten (überfetteten) Rasierseife/-creme die Haarsubstanz gleich wieder seine Grundversorgung mit pflegendem Fett erhält. Außerdem merken Sie sofort, ob die Aufschäumwirkung wiederhergestellt ist.

 

Schäden und verlorene Haare

Pinsel "verbrauchen" sich mit den Jahren. Durch das Reiben an den Bartstoppeln und anderen Oberflächen werden die Haarspitzen nach und nach abgetragen. Auch wenn Sie einen Qualitätspinsel viele Jahre oder sogar einige Jahrzehnte nutzen können, so wird er irgendwann seine Haarspitzen und Schönheit einbüßen. Sofern es sich fast um einen liebgewonnen Freund (vielleicht sogar mit einem wertvollen Griff) handelt, können Pinselgriffe normalerweise neu mit Haar bestückt werden. Manche solcherart verjüngten Pinsel sind durch eine Neupolitur des Griffes anschließend "wie neu".


Beim Binden und anschließenden verkleben des Pinselkopfes werden zu kurze Haare nicht fixiert und liegen lose im Haarbündel. Der Kopf wird zwar vor dem Einsetzen in den Griff ausgekämmt, aber man bekommt niemals alle Haare zu fassen, daher sind einzelne verlorene Haare am Anfang bei einem neuen Pinsel ganz normal. Haart ein Pinsel am Anfang extrem stark, wurde er nicht gründlich genug ausgekämmt. Dies kann vorkommen, das gibt sich nach 2-3 Benutzungen und gründlichem Spülen und ist absolut harmlos. Auch später kann immer 'mal ein Haar fallen. Fängt der Pinsel dann irgendwann aber wieder stärker an, Haare zu verlieren, wurden die Haare oder die Knotenfixierung geschädigt.

Typische Fehler in der Handhabung und Pflege sind: mechanische Überlastung (zu starkes Biegen, Wringen oder Stampfen, insbesondere mit nicht vollständig befeuchteten Haaren, s.o. bei den Benutzungshinweisen!), chemische oder thermische Veränderung der Haare oder des Klebers (ungeeignete Reinigungs,- Desinfektions- oder Entkalkungsmittel, Entfettung mit Spülmittel o.ä. ohne anschließende rückfettende Rasierseife, trockene Hitze wie Fönen etc.). Der häufigste Problemgrund ist jedoch die nicht ausreichende Spülung nach Gebrauch. Das (Kalk-)Seifenpulver im Pinselkopf schmirgelt dann nach und nach die Haare durch. Machen Sie gelegentlich den "Lampentest": im ansonsten dunklen Raum den gründlich (3 Tage) getrockneten Pinsel im Lichtkegel einer Schreibtischlampe mit dem Daumen "durchblättern". Wenn eine Staubwolke aus (Kalk-)Seifenpulver aus dem Pinsel aufsteigt, wird er nicht gründlich genug gespült und Haarbeschädigung droht. In den Foren finden sich Anleitungen, wie mit sanften, verdünnten Zitronensäurespülungen auch hartnäckige Kalkseife wieder entfernt und Haarverlust gestoppt werden kann.

Wenn also ein handgebundener Qualitätspinsel haart, ist das praktisch nie ein Fertigungsfehler. Ein haarender Pinsel ist nahezu immer ein Anwendungsproblem oder schlicht normaler Verschleiß (den man mit der Pflege und Handhabung positiv oder negativ beeinflusst).