Rasierhobel - Typen und Auswahl

Rasierhobel - Typen und Auswahl

Der Aufbau eines Rasierhobels

Ein Rasierhobel besteht aus einem Griffstück, an dem er bei der Rasur gehalten wird und einem Kopf, in den die Klinge eingesetzt wird. Bei einem dreiteiligen Hobel besteht der Kopf aus zwei Hälften: der Kopfplatte und dem Deckel. Der Deckel hat eine Schraube, die durch ein Loch in der Kopfplatte ragt. Zwischen die beiden Kopfteile kann man eine ebenfalls gelochte Rasierklinge legen (Deckel mit der Schraube nach oben halten, Klinge auflegen, Kopfplatte auflegen. Der Griff hat am oberen Ende ein Loch mit entsprechendem Gewinde und durch Aufschrauben des Griffes auf die Schraube des Kopfes werden die beiden Kopfteile aneinandergepresst und die Klinge fixiert. Da Deckel und Kopfplatte innen gerundet sind oder entsprechende Vorsprünge haben, werden beim Zuschrauben die Schneidkanten der Klinge etwas nach unten gebogen, so dass die Klinge im Inneren ein wenig wie ein Tunnel gewölbt ist -- diese Spannung ist wichtig, daher den Hobel nur ganz zugeschraubt verwenden!

Bei einem zweiteiligen Hobel ist es im Prinzip genauso wie für den dreiteiligen Aufbau beschrieben, nur ist die Kopfplatte bereits mit dem Griff (fest oder frei drehbar) verbunden. Der Deckel hat in diesem Fall entweder auch eine kurze Schraube (dann wird der Griff gedreht) oder eine lange Schraube (dann befindet sich am unteren Griffende ein drehbarer Teil, der zum Festschrauben dient).

Schließlich gibt es Sonderformen wie den einteiligen Butterfly-(Schmetterlings)-Mechanismus, bei dem durch Drehen eines Griffteils der aus zwei Flügeln gebildete Deckel aufklappt oder Köpfe zum Stecken statt zum Schrauben.

 

Arten von Rasierhobeln

Die weitaus größte Zahl aller Hobelmodelle ist wie beschrieben aufgebaut und hat ein Kopfdesign mit festsitzendem, unverstellbaren Kopf. Die auf der Haut aufliegende Kante der Kopfplatte kann glatt (geschlossen) sein oder wie ein Kamm gezahnt. Der Kamm hat die alleinige Funktion, dass weniger Züge nötig sind, wenn die Barthaare sehr lang sind und schon übereinander liegen. Dafür fühlt sich die glatte Kante zumeist angenehmer an und wird bevorzugt, wenn regelmäßig (spätestens alle 3 Tage) rasiert wird.

Daneben gibt es den sogenannten Torsionskopf, hier laufen die beiden Klingenkanten auf beiden Seiten des Kopfes nicht parallel, sondern sind gegeneinander verdreht. Man stelle sich die im normal Hobelkopf eingespannte Klinge wie eine Spielkarte vor, die wie ein kleiner Tunnel gewölbt ist, so sieht es in üblichen Hobelköpfen aus. Greift man nun die Spielkarte an zwei diagonal gegenüberliegenden Ecken und senkt diese etwas ab, während man das andere diagonale Eckenpaar leicht anhebt, dann stellen sich die Schneidkanten schräg -- das ist der Torsionskopf. Er ist aggressiver als ein Normalkopf, da zum drückenden Schnitt eine kieine Kraftkomponente eines ziehenden Schnittes hinzukommt. Unter historischen Hobeln sieht man gelegentlich den sog. Schrägschnitthobel, hier sitzt ein Normalkopf etwas zu einer kurzen Seite geneigt auf dem Griff, dies hat einen ähnlichen Effekt wie der Torsionskopf.

Schließlich gibt es noch einstellbare Hobel, hier kann durch eine Stellschraube (manchmal identisch mit der Feststellschraube, manchmal separat) der Abstand zwischen der im Deckel eingespannten Klinge und der Kopfplatte verändert werden. Dies macht den Hobel sanfter oder aggressiver.

 

Die Aggressivität von Hobeln

Ganz stark vereinfacht: je aggressiver ein Hobel ist, um so direkter arbeitet die Klinge auf der Haut, und um so stärker reizt sie diese, aber um so gründlicher und langanhaltender glatt kann die Rasur werden. Je sanfter ein Hobel, um so geringer die Hautreizungen, aber das Potential für ausgesprochen gründliche Rasuren oder die Beherrschung sehr starker Bärte kann eingeschränkt sein. Die Zufriedenheit mit einem Rasierer und der von ihm gebotenen Aggressivität und den damit verbundenen geschilderten Kompromiss aus Sanftheit und Gründlichkeit/Nachhaltigkeit ist individuell verschieden. Eine Person mit eher unempfindlicher Haut und hartem Bart wird mit einem sehr sanften Hobel nicht übermäßig warm werden, weil er zu viele Züge machen muss, ein anderer Mensch mit leichtem Bart und empfindlicher Haut wird den gleichen Hobel aber vielleicht als perfekt empfinden.

Schon das Gesamtgewicht und die Gewichtsverteilung zwischen Griff und Kopf sowie die Griffform und -länge haben Einfluss auf die Aggressivität und das Aggressivitätspotential eines Hobels. Aber mehr jedoch noch als durch diese Faktoren wird die Aggressivität eines Hobels durch die Abmessungen der Kopfbestandteile und vor allem die Form und Breite des Klingenspalts (also dem Abstand der hautaufliegenden und führenden Kopfkanten) beeinflusst. Je enger z.B. der Spalt, um so effektiver wird verhindert, dass zu viel Druck die Haut stärker an die Schneide drückt, die Haut wird bei engem Spalt einfach mit weggedrückt. Ein breiterer Spalt hat mehr Potential, schon mit geringen Druckschwankungen unterschiedliche starken Hautkontakt mit der Schneide hervorzurufen. Sind die Kanten abgerundet oder "scharf"? Steht die Schneidkante genau in der Ebene der beiden Kopfkanten oder dazu leicht hervorstehend oder zurückgesetzt? Welchen Winkel bilden die Kopfkanten zum Griff und wie stark ist die Klinge gewölbt? All dies und mehr beeinflusst auf vielfältige Weise, was bei Druck (gewollte oder zufällige Schwankungen) passiert. Ein schwerer Hobel wird automatisch mit geringfügig mehr Druck geführt, außerdem lässt er uns fester zupacken, dies reduziert die Feinmotorik und erhöht damit zufällige Druckschwankungen. Ein langer Griff gibt unseren bewussten und unbewussten Bewegungen mehr Hebel und verstärkt sie daher.

Auch bei viel Übung wirken alle Faktoren tendenziell mit. Die Technik und Erfahrung eines Anwenders gleicht einige Dinge aus und verstärkt andere, daher gibt es keine starren Werte, man kann Aggressivität nicht messen und niemandem auf den Kopf zu den perfekten Rasierhobel empfehlen -- zu viele wechselwirkende Faktoren sind beteiligt. Ein Einsteiger sollte mit einem der gutmütigen Modelle (siehe Empfehlungen unten) erste Erfahrungen sammeln und seine Haut und seinen Bart zunächst gut kennenlernen, aus dieser "gemäßigten Mitte" heraus, die für die weit überwiegende Zahl der Anwender gute Ergebnisse liefern, kann man sich bei speziellen Gegebenheiten in Richtung der aggressiveren oder sanfteren Modelle orientieren.

 

Zahnkamm = aggressiv?

Bei ansonsten gleicher Kopfgeometrie ändert die Zahnung der Kopfplatte nichts an der Aggressivität -- der Kamm dient einzig und allein dazu, besser durch lange Barthaare zu rasieren. Wenn man sich nur selten rasiert und die Barthaare länger werden als Ihr Abstand, liegen sie beim Rasieren schon übereinander. Dieser Bartteppich lässt den Rasierer "aufschwimmen", ähnlich wie ein Autoreifen beim Aquaplaning in einem dicken Wasserfilm. Das ziept ein wenig und schneidet nicht maximal tief, was ggf. einen weiteren Rasierdurchgang erfordert. Und ebenso wie beim Reifen mit Profiltricks gegengesteuert und der Effekt abgeschwächt wird, helfen die Zinken des Hobels dabei, die Barthaare zu teilen und schon den ersten Durchgang gründlicher und weniger/nicht ziepend zu gestalten. Moderne Zahnkämme werden oft aggressiver als die glattkantigen Modelle des gleichen Herstellers designt, aber das geschieht eben durch der Klingenspalt und andere Designelemente, es ist freie Entwurfsentscheidung und hat nichts mit dem Kamm per se zu tun. Früher ging man davon aus, dass Seltenrasierer empfindliche Haut (und deswegen keine Lust auf tägliche Rasur) haben und man hat daher z.B. die klassischen Merkur-Hobel mit Kamm sogar eine Winzigkeit sanfter als ihre glattkantigen Gegenstücke entworfen.

 

Auswahlempfehlung für Einsteiger & Umsteiger

Für den Einsteiger in die klassische Nassrasur mit dem Rasierhobel empfehlen wir einen nicht einstellbaren Hobel mit Normalkopf, glatter Kante und gutmütigem Design. Dazu gehören der Mühle R89 (es gibt neben dem "normalen" noch GRANDE und TWIST -- gleicher Kopf, nur andere Griffe, siehe dort bei den Produktbeschreibungen), die glattkantigen TIMOR-Hobel von Giesen & Forsthoff (als einziger Anbieter dieser Aufzählung auch mit attraktiven, unempfindlichen Holzgriffen) oder einer der glattkantigen Merkur-Hobel. Diese genannten haben alle sehr ähnliche Köpfe und Eigenschaften, aber eine Fülle von verschiedenen Ausführungen (Grifflänge und -dicke, Gewicht, Material). Auch der ein klein wenig aggressivere Butterfly-Hobel 800-1 POPULAR von Feather gilt noch als anfängergeeignet und bietet einen preiswerten Einstieg, ebenso der sehr preiswerte Hobel von LORD. Für extreme Seltenrasierer (seltener als alle 3 Tage) bietet sich ein gezahnter Merkur oder ein gezahnter TIMOR an, diese sind beide gutmütig (Vorsicht aber vor dem gezahnten Mühle R41 als Einsteiger, siehe die Infos dort!).

Will man beim Umstieg von einem modernen Mehrklingenrasierer zum Hobel die ungefähren Dimensionen des gewohnten Rasierers erhalten, empfehlen wir den Merkur 23C, einen TIMOR oder den Mühle R89 GRANDE (vergleichen Sie die Angaben bei der normalen und der GRANDE-Version, sie unterscheiden sich nur im Griff). Als gutmütige Rasierklingen empfehlen wir anfangs die Personna (sehr beliebt sind auch Gillette SILVER BLUE, die schwarze Derby PREMIUM oder die ASTRA), wir ermutigen Sie aber, nach einiger Zeit auch einmal einen Versuch mit den extrem scharfen und haltbaren Feather FH-10 aus Japan zu machen. Bei den Rasierklingen gibt es nur Orientierungen, im Endeffekt muss man aber eigene Erfahrungen machen, denn die Ergebnisse und Vorlieben unterscheiden sich von Anwender zu Anwender erheblich.